Nachdem ich nun das Buch “Das Trader-Coaching” gelesen habe, wollte ich mehr über den Autor und erfolgreichen Trader Thomas Vittner erfahren und bin bei meinen Recherchen auf ein Interview im TradersJournal (Ausgabe 10/2008) gestoßen. Offenbar kann man es mit “K.I.S.S. Trading” doch zu etwas bring 😉 … Thomas Vittner liefert jedenfalls den Beweis:
Guten Tag Herr Vittner. Können Sie uns ein wenig über Ihre Person verraten?
Guten Tag! Ich bin gebürtiger Wiener und lebe auch in dieser schönen Stadt. Ich bin 39 Jahre alt und habe mit der tollsten Frau der Welt eine Lebensgemeinschaft. Ich bin voll berufstätig und arbeite bei einem Versicherungsmakler, gehe also einem bürgerlichen Job nach. Ich betreibe das Trading also nur nebenher, betrachte es aber nicht als Hobby sondern als Business. Denn Hobbys kosten Geld, Trading soll ja Geld erwirtschaften.
Mit welchen Finanzinstrumenten handeln Sie? Ausschließlich mit CFDs oder sind für Sie auch Zertifikate, Optionsscheine oder Aktien interessant?
Beim Trading handle ich nur mit CFD’s. Und zwar immer auf Einzelaktien. Die anderen Produkte wie Zertifikate oder Optionsscheine sind mir zu kompliziert. Das verstehe ich nicht, was mich aber nicht weiter beunruhigt. Ich will traden und nicht vor jedem Trade eine Mathematikschularbeit schreiben. Ich besitze zwar auch viele >echte< Aktien, aber da bin ich als Investor engagiert. Und Investieren und Traden sind zwei unterschiedliche paar Schuhe.
Warum handeln Sie mit diesen Finanzinstrumenten?
CFD’s sind einfach aufgebaut. Das gefällt mir. Sie bewegen sich immer so wie das jeweilige Underlying. Sie bieten zusätzlich einen Hebel, was für einen Privatanleger interessant ist, weil er in der Regel ja nicht über so viel Kapital verfügt wie er zum Traden benötigt. Ein weiterer Vorteil liegt in der relativ preiswerten Gebührenstruktur. Früher hat bei meinem Onlinebroker das Setzen und Löschen eines jeden Stoppkurses noch Geld gekostet. Heute haben sie auf der anderen Seite CFD Anbieter, die alles ohne Mehrkosten im Paket liefern. Inklusive Real- oder Neartimekursen, Echtzeitnachrichten und mit einer Chartingsoftware. Der dritte Vorteil von CFD’s ist, dass man Aktien damit auch >shorten< kann. Eine Analyse meiner Trades der letzten 6 Monate hat ergeben, dass ich fast zu 70% >short< engagiert war. Mit >Long Only< wäre in diesen Märkten kein Geld zu verdienen gewesen.
Mit welchem Betrag sollte ein Tradingkonto mindestens kapitalisiert sein, damit man vernünftig traden kann? Welche Rolle spielen dabei Hebel?
Hier möchte ich keine pauschale Aussage tätigen. Auch in der Fachliteratur findet man unterschiedliche Ansichten darüber. Der Hebel spielt aber in jedem Fall eine sehr große Rolle. Natürlich brauchen sie bei einem Margin Konto viel weniger Kapital als bei einem >normalen< Trading Konto. Für einen angehenden Trader kann ein Margin Konto mit 10.000 Euro Startkapital für den Anfang ausreichen. Wenn er mit striktem Moneymanagement seine Positionsgrößen ermitteln und das Risiko vor jedem Trade genau kalkulieren. Wenn er zum Beispiel immer nur 1% seines Kapitals je Trade riskiert dann kommt er wahrscheinlich auch über eine längere Drawdownphase gut hinweg. Aber der Handelsansatz muss zu diesen genanten Größen passen und der Trader muss sich dabei wohl fühlen. Da es so viele unterschiedliche Ansätze gibt kann man diese Frage pauschal einfach nicht beantworten.
Sie haben einmal gesagt, dass Ihre Methode simpel und eigentlich bedeutungslos sei. Können Sie darauf näher eingehen?
Wir Menschen glauben heute nicht mehr an einfache Lösungen. Weder im Alltag noch an der Börse. Sehen sie sich beim Investieren Warren Buffet an. Dieser Mann ist hochintelligent, verwendet aber einen sehr einfachen Investmentansatz. Und beim Traden ist es auch so. Je komplexer die Methode erscheint desto mehr Reiz ruft sie beim angehenden Trader hervor. In Wahrheit steckt hinter den komplizierten Methoden nur ein versteckter Wunsch nach Sicherheit. Aber da muss ich sie enttäuschen. Auch mit einer dreifach getesteten Unterstützung, fünf Indikatoren und drei Oszillatoren >wissen< sie nicht, ob der nächste Trade ein Gewinn oder ein Verlust wird. Dieser Wunsch nach Sicherheit ist einfach nicht zu erfüllen. Warum also dann der ganze Aufwand? Erfolgreiche Trader haben ihr Regelwerk sehr reduziert und achten vor allem auf eine penible Risikokontrolle und auf eine saubere Technik. Dann kommen die Profite von alleine.
Sie haben in einem Artikel geschrieben, dass das permanente „Vor dem Bildschirm sitzen“ dem Trading nicht unbedingt dienlich sei. Wie ist Ihre persönliche Erfahrung damit?
Trader, die den ganzen Tag vor dem Ticker sitzen, glauben sie können damit die Märkte kontrollieren. >Nur ja nicht weggehen wenn man eine Position offen hat< ist die Devise. Doch wozu? Wenn man einen Trade laufen hat wurde das Risiko hoffentlich vorher kalkuliert und der Stopp ist im System. Bevor die nächste Zeiteinheit beginnt erfordert nichts die Anwesenheit des Traders vor dem PC. Man kann den Markt weder kontrollieren noch manipulieren. Aber leider bleibt es ja nicht nur beim Beobachten. Man ist oft dazu geneigt, etwas zu >tun< wenn >nichts tun< angesagt wäre. Man ändert den Schlachtplan mitten im Gefecht. Aus einer Emotion heraus. Man stellt vielleicht vorschnell eine Position glatt oder man versetzt den Stopp weil man es nicht erträgt, ausgestoppt zu werden. Die möglichen Fehler sind zahlreich. Auch ich habe früher mit jedem Aufwärts- und Abwärtstick mitgefiebert. Irgendwann habe ich die Sinnlosigkeit erkannt und auch bemerkt, dass ich mir mit diesem Verhalten mehr Schade als Nutze. Heute sehe ich daher nur noch von Zeit zu Zeit nach meinen offenen Positionen. Manchmal bekomme ich gar nicht mit, ob ich in eine Aktie ein oder ausgestoppt wurde. Das bemerke dann ich erst, wenn ich die Kontoauszüge meines Brokers kontrolliere.
Warum ist Trading langweilig, wenn man es vernünftig betreibt?
Weil Traden zum Großteil aus >warten< und >nichts tun< besteht. Auch Jesse Livermore hat in dem Buch „Das Spiel der Spiele“ schon geschrieben, dass Gewinne durch warten und nicht durch Aktion erreicht werden. Wenn sie zum Beispiel im Tageschart Trends handeln dann können sie vielleicht tagelang nichts >tun< mit ihren offenen Positionen. Außer sie zu beobachten, was zu den vorher erwähnten Problemen führen kann. Sie können den Stopp erst dann nachziehen, wenn die nächste Korrektur beendet ist. Und das kann Tage oder auch Wochen dauern. Aber auch wenn sie die Stopps täglich nachziehen, ist der Aufwand vergleichsweise gering. Selbst das Trading in kleineren Zeiteinheiten wie zum Beispiel im 15 Minutenchart ist kein hektisches Unterfangen. Auch hier müssen sie mindestens das Ende der nächsten Zeiteinheit abwarten um wieder etwas >tun< zu können. Und eine Viertelstunde kann lang sein. Aber egal wie und was sie traden, es ist sehr wichtig, dass die angewendete Methode zur Psyche des Traders passt. Sonst schadet er sich damit bloß.
Aus welchem Grund handeln Sie bevorzugt US-Werte? Liegt es daran, dass Sie nicht hauptberuflich traden?
Zum größten Teil – ja. Das Trading der US Werte kann ich am Abend nach dem Büro durchführen. Aber mir liegen diese Werte auch mehr. Die Spreads sind viel enger, das Volumen ist größer und die Volatilität, die ich für meinen kurzfristigen Ansatz benötige, ist ebenfalls gegeben. Außerdem ist der Handelstag in den USA kürzer. Gleiche Chancen bei weniger Zeitaufwand daher.
Keep It Simple ist eines Ihrer Credos. Wie äußert sich das bei der Analyse?
Es äußerst sich darin, dass ich es mit der Analyse eben nicht übertreibe. Ich bin der Ansicht, dass man zum Beispiel auch mit beliebigen Einstiegen erfolgreich traden kann. Was soll ich daher großartig analysieren? Ich suche bei meinem Einstieg bloß ein bestimmtes, grobes Chartbild, nehme die Interpretation aber nicht 100% genau. Ich versuche nur, meinen Trades eine gewisse Dupplizierbarkeit zu verleihen. Denn ich muss ja wissen was ich getan habe um den Erfolg wiederholen zu können oder Fehler auszumerzen. Der Rest fällt dann nur noch in den Bereich Moneymanagement. Dort gibt es natürlich schon Dinge wie Einzel- oder Gesamtpositionsrisiko, Profitfaktoren oder einen von mir entwickelten Gesamtsystemindikator zu beachten. Aber das würde jetzt hier zu weit führen und das klingt auch in dieser Kürze komplizierter als es ist. In Wahrheit versteht meinen Handelsansatz ein halbwegs intelligenter 12 Jähriger.
Welche Rolle spielen Stopp-Losses?
Eine Entscheidende. Ohne Stopps können sie nicht erfolgreich traden. Denn gute Trader sind einfach nur gute Riskmanager. Sie wissen nicht, wohin sich der Markt morgen bewegen wird. Und es ist ihnen noch dazu egal. Gute Trader sind keine Wahrsager. Sie sind Wahrscheinlichkeitsspezialisten. Sie erkennen eine Chance und machen den Trade. Da sie aber nie wissen können, was passieren wird, brauchen sie einen Stopp der sie und ihr Kaptial beschützt. Denn Kapitalerhalt geht über Profitmaximierung.
Können Sie uns schon ein wenig über Ihr Buch verraten?
Ich selber habe sicher über 150 Börsenbücher gelesen. Es waren gute und weniger gute dabei. Doch die meisten Bücher beschäftigen sich aus meiner Sicht mit den falschen Dingen wie zum Beispiel dem >perfekten Einstieg< oder dem >richtigen Stopp<. Was ich in der Trading Literatur vermisse, ist ein Werk welches einen ganzheitlichen Ansatz liefert. In meinem Buch versuche ich, den Leuten in einfachen Worten so einen Ansatz zu liefern. Ich versuche ihnen zu erklären, was für den Börsenerfolg wirklich von Bedeutung ist. Ich selber war jahrelang auf der Suche nach dem geheimen Schlüssel, der mir die Tür zum Erfolg öffnen sollte. Nach Jahren habe ich erkannt, dass ich diesen Schlüssel immer schon bei mir in meiner Hosentasche trug, ihn dort aber bloß nicht gesucht hatte. Ich möchte mit diesem Buch auch viele Mythen entzaubern, die einen angehenden Trader am Erfolg nur behindern. Und ich möchte dem Trader zeigen, wie er eine Methode entwickeln kann, die zu ihm und zu seiner Persönlichkeit passt und mit welcher er erfolgreich an den Märkten agieren kann.
Vielen Dank für das Interview.
Gerne!